Das Interessante an der Costa del Sol ist unter anderem, dass man innerhalb weniger Minuten in Großbritannien sein kann. Und dazu muss man nicht einmal in ein Flugzeug steigen: man nimmt einfach ein Auto und fährt in Richtung La Linea de la Concepción. In dem Stadtkern angekommen, schaut man auf die Bucht von Algeciras, in der große Frachtschiffe auf Entladung warten. Sieht man etwas nach links, blickt man auf einen gewaltigen Felsen, vor dem an einem guten Tag schon mal drei der größten Kreuzfahrtschiffe
der Welt ankern können. Spätestens jetzt weiß man, dass man auf Gibraltar schaut, eine kleine Enklave mit 30.000 Einwohnern und ebenso vielen Gesellschaften an der Südspitze des spanischen Festlandes.
Denn diese sogenannte Einkaufsoase ist praktisch Teil jeder westlichen Mittelmeerkreuzfahrt. Dann werden die bis zu 5.000 Passagiere pro Schiff für einige Stunden ausgeladen für eine Besichtigung des berühmten Affenfelsens oder zum Duty-free-Einkauf in der einzigen nennenswerten Einkaufsstraße, um Zigaretten, Parfüm, Alkohol oder Schmuck angeblich besonders günstig einzukaufen. Davon lebt ein Teil der Bevölkerung von Gibraltar, sie freuen sich jeden Tag über diese Menschenmassen, die sich durch den kleinen Ort wälzen. Der andere Teil lebt von dem Ruf Gibraltars, wenn auch nicht mehr als Steueroase, dann doch
als sehr interessante Lösung für international tätige Investitionsgesellschaften. Banker, Finanzmakler und Trustfonds-manager arbeiten hier für einige Jahre, um das besondere Flair dieser Enklave einzuatmen. Zum Wohnen und Leben entscheiden sich dann die meisten aber doch lieber für die (billigere) spanische Sonnenküste, vor allem Sotogrande und Umgebung.
Will man dann von La Linea de la Concepción die Grenze nach Gibraltar überwinden, kann man das auf zwei Arten tun: motorisiert oder zu Fuß. Aufgrund der äußerst prekären und teuren Parkplatzsituation in Gibraltar raten wir dazu, den Wagen in einem der zahlreichen Parkhäusern oder bewachten Parkplätzen in La Linea abzustellen und zu Fuß die Grenze zu überschreiten. Dann bekommt man auch gleich eine Besonderheit Gibraltars mit, die es so wohl kaum ein zweites Mal auf der Welt geben dürfte: direkt hinter den Grenzhäuschen muss man die Start- und Landebahn des
Flughafens überqueren. Landet oder startet also gerade eine Maschine, werden Schranken geschlossen, ein Warnton ertönt und die Ampeln stellen sich auf Rot. Ist die Maschine durch, kann man dann entspannt die Rollbahn überschreiten und ein Gefühl genießen, welches einem sonst bei wohl jedem Flughafen der Welt verweigert wird. Zumindest solange, bis wieder der Warnton zu hören ist und man sich sputen sollte, die Rollbahn freizugeben.
Dann ist man auch schon in wenigen Minuten in der Altstadt, wobei man noch an dem Fußballstadion von Gibraltar vorbeikommt, welches aber nicht den Bestimmungen der UEFA entspricht und somit nicht von der gibraltarischen Nationalmannschaft für die EURO-Qualifikationsspiele genutzt werden durfte. Da die politische Situation mit Spanien immer angespannt ist, mal mehr, mal weniger, entschied man sich dann für das portugiesische Porto als Austragungsort der Heimspiele wo dann ja auch Deutschland antreten durfte.
Zur Altstadt führt unter anderem ein Fußweg durch die dicken Kasemattenmauern. Dann betritt man den Hauptplatz, den Grand Casemates Square, der von Andenkenläden, Fast-Food-Restaurants und Eisdielencafés umringt ist. Hier kann man nach dem Fußweg von der Grenze erst einmal verschnaufen oder sich gleich in die Main Street zum Shoppen begeben. Ob es tatsächlich günstiger ist, sollte jeder für sich entscheiden. Auf alle Fälle sollte man aber ein paar Pfund dabei haben, denn der Umrechnungskurs in den Restaurants und Läden ist
, wenn man mit Euro bezahlen möchte, um es einmal sehr vorsichtig zu formulieren, nachteilig, man könnte es auch unverschämt nennen.
Touristische Attraktion Nummer 1 ist natürlich die Affentour. Man fährt mit Bussen auf den Felsen hinauf und kann dann dort die bekannten letzten freilebenden Affen in Europa bewundern. Allerdings sollte man gehörigen Abstand zu den Tieren halten, denn diese haben sich so sehr an die Touristen und ihre Annäherungsversuche mit Futter versuchen gewöhnt, dass sie völlig hemmungslos die Taschen nach Essbarem durchsuchen wollen oder den Schokoriegel aus der Hand schlagen. Für die Hotels auf der Hinterseite des Felsens sind diese unter Naturschutz stehenden Tiere schon zu einer Plage geworden, da sie regelmäßig dort in die Zimmer einfallen und diese verwüsten. Aber wie heißte es so schön: „ verschwindet der letzte Affe vom Felsen, fällt Gibraltar
an Spanien zurück.“ Also werden die Bewohner von Gibraltar, die sich in überwältigender Mehrheit für den Verbleib im Vereinigten Königreich ausgesprochen haben, dafür sorgen, dass dies niemals passieren wird.
Denn seit 1704 steht Gibraltar als Überseegebiet unter der Souveränität des Vereinigten Königreiches und wurde 1713 von Spanien im Frieden von Utrecht abgetreten. Das wurmt auf spanischer Seite immer mal wieder, und so gibt es immer mal wieder kleine Scharmützel über Grenzverletzungen im Meer, die dann auch schon mal zu einer kurzfristigen Schließung der Grenze führen können. Das trifft dann besonders die Zigarettenschmuggler, die von spanischer Seite mehrmals am Tag nach Gibraltar einreisen, die erlaubte Menge zollfreier Zigaretten einkaufen, um sie dann auf spanischer Seite an Raucher zu verkaufen. Davon wird man nicht reich, aber bei der hohen Arbeitslosigkeit in La Linea ist das für immer mehr Menschen eine Möglichkeit, sich etwas dazuzuverdienen.
Der Tourist dagegen hat nach der Besichtigung der frechen Affen die Möglichkeit, sich die World War II Tunnels anzusehen. Insgesamt 50 Kilometer Tunnelgänge wurden über die Jahrhunderte als Verteidigungsanlagen im Felsen errichtet, zuletzt im „. Weltkrieg, um 15.000 Soldaten Schutz vor Angriffen der Nazis zu geben, die aber letztendlich nie stattfanden. Ein Teil dieser Gänge steht für Besichtigungen zur Verfügung.
Große Hotelanlagen gibt es in Gibraltar nicht, da kaum jemand länger als einen Tagesaufenthalt dort verbringt. Aber für einen solchen lohnt sich Gibraltar auf alle Fälle.