Wer auf seiner Reise nach oder von Spanien mit dem Auto einmal nicht die üblichen Autobahnrouten über Irun/Hendaye oder Perpignan nehmen, sondern mit mehr Zeit die landschaftliche Schönheit der Pyrenäen genießen möchte, kommt an diesem kleinen spanischen Dorf am Eingang des Tunnels von Somport vorbei. Canfranc liegt in Aragón in der Provinz Huesca in einem wunderschönen Tal auf 1.040 Metern Höhe. Folgt man von Jaca der
E7/N330, sieht man zunächst eine Ausfahrt Canfranc und nach einigen Metern weiter die Ausfahrt Canfranc-estación direkt vor der Einfahrt in den Tunnel.
Biegt man hier nun rechts ab, kommt man an einigen typischen Hotels und Appartementanlagen vorbei, die hauptsächlich von Touristen für den Wintersport genutzt werden. Etwas weiter gelangt man dann rechter Hand zu der eigentlichen Attraktion von Canfranc: die estación, der Bahnhof. Eigentlich nichts Ungewöhnliches für einen Urlaubsort, wäre da nicht einerseits die schiere Größe, die eher an einen Hauptbahnhof von Paris erinnert, als auch der Zustand, der einen vollkommen verwahrlosten Eindruck macht.
Unweigerlich fragt man sich: was soll ein solcher Wahnsinnsbahnhof inmitten einer Gebirgslandschaft mit einigen hundert Touristen und warum ist er so verfallen?
Nun, die Antwort liegt schon einige Jahrzehnte zurück: am 18. Juli 1928 wurde der Bahnhof an der Eisenbahnstrecke von Zaragoza nach Frankreich in der Gegenwart des spanischen Königs Alfonso XIII und des Präsidenten der französischen Republik, Gaston Doumergue, eingeweiht. Die Linie sollte zu einer deutlichen Verbesserung der Verkehrsbewegungen zwischen den beiden Ländern führen. Um durch die Pyrenäen zu gelangen, waren umfangreiche Tunnel-und Brückenbauten erforderlich.
Während des spanischen Bürgerkrieges wurde der Tunnel von Franco-Truppen bewacht, um jegliches Eindringen von Kämpfern aus dem Nachbarland abzuhalten.
Im 2. Weltkrieg besetzten die Nazis den Bahnhof und kontrollierten die Strecke, um schließlich Tonnen von Gold aus der Schweiz nach Spanien zu transportieren. Damit wurden dringend benötigte Rohstoffe für die Herstellung von Panzern finanziert.
Am 27. März 1970 wurde die Eisenbahnlinie dann für den internationalen Verkehr geschlossen, nachdem es auf französischer Seite zu einem Entgleisen eines Güterzuges kam, der die Brücke von L´Estanguet zum Einsturz brachte. Diese Brücke wurde nie wiederaufgebaut. Dies führte zu einem drastischen Einbruch der Verkehrszahlen und bedeutete den Anfang vom Verwahrlosen des Bahnhofes. Heute dient er nur noch als regionaler Bahnhof für einen Nahverkehrszug aus Zaragoza, der zweimal am Tag in den Bahnhof einfährt.
Im Jahr 2005 wurden Anstrengungen von spanischer Seite gemacht, den Bahnhof zu restaurieren, was hinsichtlich des Daches auch gelang. Dann wurde das Projekt aber 2009 aus Mangel an finanziellen Mitteln eingestellt und damit auch das Projekt begraben, den Bahnhof zu einem Luxushotel umzubauen.
Seit 2014 kann der Bahnhof in geführten Besuchergruppen besichtigt werden. Man erfährt dabei von dem Leiter der Besuchergruppe interessante Informationen zu der Geschichte des Bahnhofes und auch zu den zukünftigen Plänen, was damit geschehen soll.
Es lohnt sich auf alle Fälle, hier einmal kurz zu verweilen, da der Anblick dieses überdimensionierten Bahnhofes vor der Gipfellandschaft der Pyrenäen einzigartig ist.