08/08/2015

OJEN – EINE TOLLE LEBENSERFAHRUNG

Vielleicht habt ihr euch schon einmal gefragt, welches Dorf das ist, welches bei mir auf dem Startbildschirm erscheint.
Nun, ich habe dort zwei Jahre selbst gelebt, es heißt Ojén und liegt ungefähr 8 km von der Costa del Sol entfernt im Hinterland auf einer Höhe ab 375 Meter. Man sieht von hier sehr schön auf das Mittelmeer und die nächste größere Stadt, Marbella, das Zentrum der westlichen Costa del Sol mit seinen multikulturellen Einwohnern.

CALLE DE OJENHier oben läuft aber alles noch viel gemächlicher ab, man ist in einem dieser für diese Region so typischen „pueblos blancos“, den weißen Dörfern, die gerne von den Strandtouristen mal besucht werden, um etwas von der für Andalusien so typischen Atmosphäre zu schnuppern, die natürlich in den verbauten Küstenorten so nur noch schwer zu finden ist.
Abgesehen von ein paar Ausländern, die sich in die weißen Häuser verliebt und eines davon erstanden haben, gibt es hier noch den typischen Bauern mit seinem Esel zu sehen, der von der Arbeit auf den steilen Hängen zu einem Kaffee oder Bier in eine der vielen tapas-Bars einkehrt und seinen Esel davor anbindet, wie in einem Westernfilm.

OJEN TABERNANeben meiner Wohnung im Zentrum von Ojén war so ein Cáfe, welches schon morgens um 6:00 Uhr öffnete, und in dem ich eigentlich nie eine Frau gesehen habe, weil sich dort nur die Männer vor ihrem Tageswerk zu einem „carajillo“ (Kaffee mit Rum, Whisky, Anis oder Brandy) trafen und schon früh morgens in tiefe und vor allem laute Gespräche verwickelt waren.
Das erinnerte mich immer an einen Spruch meiner Oma, den sie mir und meiner Schwester mit auf den Weg gab, wenn wir als junge Mädchen auf die Straße gingen. „Als Mädchen oder junge Frau schaut man niemals in eine Bar, in der nur Männer sitzen, das könnte falsch verstanden werden“. Nun, die Zeiten haben sich Gott sei Dank geändert, aber irgendwie ist das noch ein Relikt aus alten Tagen.
CASA AZUL OJENÜberhaupt leben die Menschen hier, zumindest die Älteren, noch nach traditionellen Mustern, und ich war immer wieder überrascht zu hören, wenn eine Nachbarin erzählte, daß sie das letzte Mal vor 10 Jahren in der 60 Kilometer entfernten Provinzhauptstadt Málaga war, und dies war ihre weiteste Reise.
Natürlich sind die Jüngeren genauso vernetzt mit Handy und Laptop wie alle Welt, aber ein bisschen lässt sich dieses alte Leben noch finden, in den engen verwinkelten Gassen, wo man aus jedem Haus die Geräusche und Gespräche verfolgen kann. Vor allem im Sommer, wenn alle Türen und Fenster offenstehen und man direkt in die Wohnungen blicken kann, und das heißt direkt in das Wohnzimmer, da die typischen Häuser keinen Flur haben, sondern man sofort mitten „in das Leben“ eintritt.
Es waren jedenfalls für mich, die in Spanien nur in Großstädten gelebt hatte, zwei interessante Jahre, die ich als Erfahrung nicht mehr missen möchte. Zum täglichen Leben als berufstätige Frau ist es aber schon etwas anderes, zum Beispiel wenn man zum Brunnen zum Wasserholen gehen musste, weil mal wieder die Wasserversorgung durch starken Regen (der dann kleine Steinchen aus den Bergen in die Wasserzuleitungen spülte) zusammenbrach. So bin ich schließlich einerseits froh, andererseits aber auch traurig nach Marbella umgezogen.

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